Verkehrssicherungspflicht nur bei Kenntnis von der Gefahrenlage

Eine Verkehrssicherungspflicht entsteht erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Pflichtige Kenntnis von einer Gefahrenlage hat und fahrlässig Maßnahmen unterlässt, die zur Abwendung der Gefahrenlage und Vermeidung der Verletzung von Leib, Leben oder Gesundheit erforderlich wären.


In dem entschiedenen Fall hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Kenntnis davon, dass der Betonboden ihrer Tiefgarageneinfahrt bei Nässe besonders rutschig war. Dieser Umstand konnte aufgrund einer unregelmäßigen Granulatbeimischung in den Beton auftreten. Eine Mieterin stürzte im Bereich der Tiefgarageneinfahrt und verklagte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Schadensersatz, jedoch ohne Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht für jeden nur denkbaren Geschehensablauf eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Insbesondere, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft von einer Gefahrenquelle keine Kenntnis hat und Gegenteiliges auch nicht bewiesen werden kann, trifft die Gemeinschaft keine Pflichtverletzung. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten gab es keine verbindlichen Grenzen und Vorgaben für die Rutschfestigkeit solcher Betonböden. Lediglich die Vorgaben im Bereich des Arbeitsrechts konnten Anhaltspunkte für entsprechende Grenzwerte geben. Diese Vorgaben waren sogar erfüllt. Nur im Bereich der Sturzstelle lag eine geringere Rutschfestigkeit aufgrund der unregelmäßigen Verteilung des Granulats im Beton vor. Eine Haftung kommt jedoch nur dann in Betracht, wo ein verständiger und umsichtiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch, Maßnahmen zur Schadensvermeidung getroffen hätte.

Der Kläger muss alle anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen.

Verstößt ein Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eine Verkehrssicherungspflicht, so muss die Wohnungseigentümergemeinschaft für einen solchen Verstoß einstehen.
 
Amtsgericht Reutingen, Urteil AG Reutingen 9 C 1425 15 vom 24.11.2016
Normen: BGB § 823
[bns]