Beseitigung von Ungleichbehandlungen ehelicher und nichtehelicher Kinder

Die 1928 geborene Antragstellerin ist das uneheliche und einzige Kind des 1993 verstorbenen Erblassers.

Die Antragstellerin lebte in der ehemaligen DDR, während ihr Vater in der BRD wohnhaft war. Nach dem Fall der Berliner Mauer fand die Antragstellerin ihren Vater wieder, den sie zuletzt mit 14 Jahren gesehen hatte. Sie besuchte ihren Vater im Seniorenheim und war bis zu seinem Tod Ansprechpartner für seine Ärzte. Sie organisierte zudem das Begräbnis ihres Vaters. Als einziges Kind des Erblassers sieht sich die Antragstellerin als seine Alleinerbin und begehrt die Erteilung eines dies ausweisenden Erbscheins.

Der BGH stellte fest, dass die Antragstellerin nach dem Wortlaut von Art. 5 Satz 2 ZwErbGleichG gemäß § 1589 Abs. 2 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. als nichteheliches Kind als nicht mit dem Erblasser verwandt anzusehen ist, da die Klägerin vor dem 1. Juli 1949 geboren wurde und sich der Erbfall noch vor dem 29. Mai 2009 ereignete. Allerdings würde die Antragstellerin dadurch im Ergebnis nach der neueren Rechtsprechung des EGMR in ihren Rechten aus Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK (Schutz des Eigentums) verletzt. Maßgeblich ist, dass die Antragstellerin und der Erblasser ein Näheverhältnis hatten und dass andere nahe gesetzliche Erben fehlen. Eine Großnichte, ein Neffe und eine Nichte kommen zwar als gesetzliche Erben in Betracht, weisen aber kein tatsächliches Näheverhältnis zum Erblasser auf. Die Sache ist jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif, da den Verwandten des Erblassers noch die Gelegenheit gegeben werden muss, sich zur Sache zu äußern.
 
BGH, Urteil BGH IV ZB 6 15 vom 12.07.2017
Normen: BGB § 1589 Abs. 2, § 1924 Abs. 1, NEhelG § 10 Abs. 2 S. 1, FamFG § 74 Abs. 6 S. 2, ZwErbGleichG Art. 5 S. 2
[bns]