27.03.2014

Formularmäßige Vertragsstrafenabreden im Arbeitsvertrag sind zulässig

Arbeitnehmer können generell durch Klauseln in Arbeitsverträgen zur Zahlung von Vertragsstrafen gezwungen werden; Vertragsstrafenversprechen, die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, sind aber unwirksam. Ist demnach die Vertragsstrafe im Verhältnis zur Pflichtverletzung zu hoch, muss der Arbeitnehmer die Strafe nicht zahlen.

Die Arbeitgeberin, ein Einzelhandelsunternehmen, schloss mit der Beklagten am 23.01.2002 einen Arbeitsvertrag. Danach sollte sie ab dem 01.03.2002 bei einer monatlichen Bruttovergütung von 1.840 Euro als Fachverkäuferin tätig werden. Im Arbeitsvertrag war u.a. geregelt, dass sie eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu zahlen hat, wenn sie ihr Arbeitsverhältnis nicht antritt oder vertragswidrig löst. Die Kündigung vor Dienstantritt war vertraglich ausgeschlossen; in der Probezeit betrug die Kündigungsfrist zwei Wochen. Mit Schreiben vom 27.01.2002 teilte die Arbeitnehmerin mit, dass sie ihre Tätigkeit nicht aufnehmen werde. Mit der Klage macht das Einzelhandelsunternehmen die Vertragsstrafe geltend. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Das BAG hält Vertragsstrafenabreden im Arbeitsrecht auch nach der neuen Rechtslage (s.u.) für zulässig. Als Besonderheit des Arbeitsrechts hat es den Umstand angesehen, dass ein Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung gemäß § 888 III ZPO nicht durch Zwangsgeld oder Zwangshaft angehalten werden kann. Vertragsstrafenversprechen, die den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, sind aber unwirksam (§ 307 BGB). Diese Unangemessenheit kann auch in einem Missverhältnis zwischen der Pflichtverletzung und der Höhe der Vertragsstrafe begründet sein. Demgemäß ist eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeit angesichts einer zweiwöchigen Kündigungsfrist in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts regelmäßig zu hoch. Dies führt zur Unwirksamkeit der Vertragstrafenregelung, eine Herabsetzung ist nicht möglich.

Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsreformgesetzes findet eine Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen nach den §§ 305 ff. BGB statt. Die früher für das Arbeitsrecht geltende Bereichsausnahme des Gesetzes zur Regelung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGBs) wurde aufgehoben. Bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB nF. auf Arbeitsverträge sind aber gemäß § 310 IV BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. In der Rechtsprechung und im Schrifttum besteht seitdem Streit, ob Vertragsstrafenversprechen in vorformulierten Arbeitsverträgen noch zulässig sind, denn nach § 309 Nr.6 BGB ist eine in AGBs enthaltene Bestimmung, durch die dem Verwender u.a. für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich von Vertrag löst, eine Vertragsstrafe versprochen wird, unwirksam.

BAG, Urt. v. 04.03.2004 - 8 AZR 196/03, 8 AZR 328/03, 8 AZR 344/03
PM des BAG Nr. 13/04 v. 04.03.2004