Im Betreuungsverfahren ist Betroffener anzuhören

Grundsätzlich ist das Gericht verpflichtet, einen Betroffenen anzuhören, wenn dessen Betreuung angeordnet werden soll oder fortgesetzt werden soll.

Der Betroffene kann jedoch wirksam auf eine Anhörung verzichten.

Das Beschwerdegericht darf im Verfahren zur Anordnung oder Verlängerung der Betreuung jedoch nicht von einer Anhörung des Betroffenen absehen, wenn lediglich das Amtsgericht auf eine Anhörung des Betroffenen verzichtet hat, weil dieser schon im Vorfeld des Anhörungstermins mitgeteilt hat, er wolle in Ruhe gelassen werden. Gegebenenfalls muss das Gericht nochmals bei dem Betroffenen anfragen, ob er sich zur Sache äußern wolle. Einen mangelnden Willen, sich zur Sache zu äußern, kann das Gericht nicht aufgrund vorhergehender Aussagen unterstellen, mithin kann sich die Einstellung des Betroffenen im Laufe des Verfahrens geändert haben.

Holt das Gericht in einem Betreuungsverfahren ein schriftliches Sachverständigengutachten ein, so kann es von der vollständigen schriftlichen Bekanntgabe des Gutachtens an den anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen absehen, wenn zu besorgen ist, die Bekanntgabe werde die Gesundheit des Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden. Sieht das Gericht von der vollständigen schriftlichen Bekanntgabe an den Betroffenen ab, so muss es jedoch zumindest einen Verfahrenspfleger bestellen und diesem das Gutachten vorlegen, in Erwartung der Verfahrenspfleger werde mit dem Betroffenen über das Gutachten sprechen.

Ein Verfahrenspfleger hat die Aufgabe, im Verfahren auf Bestellung eines Betreuers oder Anordnung einer Unterbringung die Interessen des Betroffenen zu vertreten und kann Anträge stellen, Rechtsmittel einlegen und an den Anhörungen teilnehmen. Er hat, ähnlich wie ein Rechtsanwalt, als Parteivertreter die gleichen Rechte und Pflichten für seinen „Mandanten“.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH XII ZB 18 17 vom 17.05.2017
Normen: FamFG §§ 34 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2, 276, 278 Abs. 1 Satz 1 und 2
[bns]