Sachverständiger muss mit dem zu Betreuenden nicht zwingend reden

In einem Betreuungsverfahren kann ein eingeholtes Sachverständigengutachten auch dann verwertet werden, wenn kein verbaler Kontakt zwischen dem Betroffenen und dem Sachverständigen stattgefunden hat.

Der fehlende verbale Kontakt zwischen einem Sachverständigen und einem zu Betreuenden bewirkt noch nicht, dass das eingeholte Sachverständigengutachten vor Gericht nicht verwertbar ist. Der Sachverständige muss den Betroffenen aber zumindest in einer Weise untersucht haben, die ihm einen ausreichenden persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft hat.

Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme zu erfolgen. Die förmliche Beweisaufnahme muss sich auch auf die fehlende Fähigkeit zur freien Willensbildung beziehen, wenn ein Betreuer gegen den Willen des Betroffenen bestellt werden soll.

Ein eingeholtes Sachverständigengutachten, welches als Entscheidungsgrundlage in einem Verfahren auf Anordnung der Betreuung verwendet werden soll, setzt voraus, dass das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut dem Betroffenen persönlich zur Verfügung gestellt wurde.

Die Weigerung des Betroffenen, einen Kontakt mit dem Sachverständigen zuzulassen, ist kein hinreichender Grund, von einer persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen abzusehen.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH XII ZB 536 16 vom 10.05.2017
Normen: BGB § 1896 Abs. 1a; FamFG §§ 37 Abs. 2, 280 Abs. 1, 283 Abs. 1 u. 3, 325 Abs. 1
[bns]