Keine Steuerhinterziehung bei Ausnutzung eines Fehlers des Finanzamtes

Wer einen durch das Finanzamt fälschlicherweise festgestellten Verlustvortrag in den Folgejahren zu seinen Gunsten geltend macht, kann nicht wegen Steuerhinterziehung belangt werden.


Vorab: Als Verlustvortrag bezeichnet man Verluste des Steuerpflichtigen, welche dieser mit seinen Gewinnen in nachfolgenden Jahren verrechnen kann.

In dem zugrunde liegenden Ausgangsfall setzte ein Arzt das Finanzamt über Einnahmen von mehr als 1 Million DM in Kenntnis. Das Finanzamt stellte diesem Betrag irrtümlich ein "Minus" voran, weshalb für das entsprechende Jahr keine Steuern anfielen. In den folgenden Jahren nutzte der Arzt diesen Verlustvortrag und verrechnete ihn mit seinen Gewinnen, weshalb sich auch seine Steuerlast verringerte.

Der Bundesfinanzhof führte in seiner Erklärung aus, dass sich der Arzt nicht wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat. Denn ihn trifft keine Pflicht, das Finanzamt über dessen eigene Fehler aufzuklären. Da auch eine falsche Beurteilung des Finanzamtes zunächst wirksam wird, in diesem Fall die Bescheinigung über den falschen Verlustvortrag, durfte der Arzt diese Verluste in seinen späteren Erklärungen auch von seinen Gewinnen abziehen, ohne dass selbiges zu einer Strafbarkeit führte.

In Ermangelung einer strafbaren Handlung führte das Gericht weiter aus, dass folglich auch die durch den Arzt erstattete strafbefreiende Selbstanzeige nicht wirksam erstattet werden konnte.
 
Bundesfinanzhof, Urteil BFH VIII R 50 10 vom 04.12.2012
Normen: § 10d EStG, § 1 I StraBEG, § 370 AO
[bns]