23.02.2015

Kein Rechtsmissbrauch des Vermieters bei Eigenbedarfskündigung

Im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 04.02.2015 zum Aktenzeichen VIII ZR 154/14 hatte sich der BGH mit der Frage der Prüfungspflichten des Vermieters bei Abschluss eines Mietvertrages im Hinblick auf künftig entstehenden möglichen Eigenbedarf des Vermieters zu befassen.

Die Beklagte Mieterin bewohnte aufgrund eines mit dem Kläger am 14.04.2011 geschlossenen unbefristeten Mietvertrages eine Wohnung in Mannheim. Mit Schreiben vom 28.02.2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf zum 31.05.2013. Er führte an, dass er seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem im Juni 2012 abgelegten Abitur ein Jahr in Australien verbracht habe, am 18.07.2013 nach Deutschland zurückkehren und sodann eine Arbeitsstelle im Raum Frankfurt am Main antreten werde und ein berufsbegleitendes Studium in Mannheim aufnehme. Sie wolle nach ihrer Rückkehr eine eigene abgeschlossene Wohnung beziehen. Vor ihrem Auslandsaufenthalt habe sie in einem Zimmer bei ihren Eltern gewohnt.

Die Beklagte wiedersprach der Kündigung, weil ihrer Auffassung nach der Kläger bei Abschluss des Mietvertrages im Frühjahr 2011 den Eigenbedarf hätte vorhersehen können und müssen. Das Amtsgericht gab zunächst der Räumungsklage statt, auf die Berufung hin wies das Landgericht die Klage mit der Begründung ab, die Eigenbedarfskündigung sei rechtsmissbräuchlich, da hinreichende Anhaltspunkte bei Abschluss des Mietvertrages vorgelegen hätten, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein werde. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, dies begründete der BGH damit, dass die auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung nicht wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sei. Zwar liege nach richterlicher Rechtsprechung ein widersprüchliches rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, wenn der Vermieter Wohnraum auf eine unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist, oder zumindest erwägt, ihn alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf in diesen Fällen den Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundene Belastung dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt. Kein Rechtsmissbrauch liegt nach dem Bundesgerichtshof jedoch dann vor, wenn das zukünftige Entstehen eines Eigenbedarfes für den Vermieter zwar im Rahmen einer „Bedarfsvorschau“ erkennbar gewesen wäre, der Vermieter aber beim Mietvertragsabschluss weder entschlossen gewesen ist alsbald Eigenbedarf geltend zu machen, noch ein solches Vorgehen erwogen oder ernsthalft in Betracht gezogen habe.

Bei Verständigung und objektiver Betrachtung bringt ein Vermieter dadurch, dass er mit dem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag abschließt und nicht von sich aus Angaben über den Stand und die möglichen Entwicklungen seiner familiären und persönlichen Verhältnisse macht, regelmäßig nicht zum Ausdruck, dass er die Möglichkeiten einer alsbaldigen Eigenbedarfskündigung unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann. Würde vom Vermieter mit Abschluss eines Mietvertrages eine solche, sich nach einer verbreiteten Auffassung auf bis zu 5 Jahre erstreckender Lebensplanung abverlangt, würde dessen verfassungsrechtliche verbürgte Freiheit missachtet. Für die dem Tatrichter obliegende Beurteilung, ob der Vermieter entschlossen war alsbald Eigenbedarf geltend zu machen oder ein solches Vorgehen ernsthaft in Betracht gezogen hat, darf allerdings nicht alleine auf seine Darstellung abgestellt werden, vielmehr kommt es auf die Würdigung der Gesamtumstände an. Dabei kann auch auf äußere objektive Umstände zurückgegriffen werden, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand des Vermieters bilden. Auch stelle die Tatsache, dass den Vermieter keine Verpflichtung zu einer Bedarfsvorschau treffe, den Mieter nicht schutzlos. Dieser könne beispielsweise durch einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit oder durch den einseitigen Ausschluss der Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung im Mietvertrag sein Risiko minimieren.

Auch hier konnte der BGH nicht in der Sache selbst entscheiden, da durch das Berufungsgericht noch weitere Sachverhaltsfeststellungen zur Eigenbedarfssituation beim Vermieter zu treffen waren.