12.03.2014

Kein Widerruf einer einmal abgegebenen Stimme in Eigentümerversammlung

Im vorliegenden Fall hatten Wohnungseigentümer über die Gewährung einer Sondervergütung für die Verwalterin, für ihre Aufarbeitung der Verwaltungsunterlagen, abzustimmen.

Die Wohnungseigentümer hatten auf Stimmzetteln über den Beschlussvorschlag abgestimmt.

Zwei Wohnungseigentümer, die auf ihren bereits abgegeben Stimmzetteln zunächst „nein" angekreuzt hatten, änderten dies, zu einem zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt, unter Rücknahme ihres Stimmzettels in eine Ja-Stimme und eine Enthaltung ab. Unter Berücksichtigung der geänderten Stimmen verkündete die Versammlungsleiterin den Antrag als angenommen, da mehr als 2/3 der Wohnungseigentümer für den Beschlussantrag gestimmt hatten.

Dem trat der Bundesgerichtshof mit der vorzitierten Entscheidung entgegen. Der Bundesgerichtshof führte hierzu wie folgt aus:

Die von den Wohnungseigentümern abgegebenen Einzelstimmen seien empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Versammlungsleiter, auf die die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen Anwendung finden. Die in der Eigentümerversammlung unter den Anwesenden abgegebenen Stimmen werden daher entsprechend § 103 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam, wenn der Versammlungsleiter sie zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses zur Kenntnis nimmt. Handels es sich um eine in Form von Stimmzetteln verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden, gehe sie zu, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Versammlungsleiters als Empfänger gelangt.

Damit waren die beiden später geänderten Stimmen bereits mit der Erstabgabe des Stimmzettels gegenüber der Versammlungsleiterin zugegangen und wirksam geworden. Die Stimmabgabe konnte damit nach ihrem Zugang bei der Versammlungsleiterin nicht bis zur Verkündigung des Abstimmungsergebnisses wirksam widerrufen und damit geändert werden. Der Bundesgerichtshof begründet die Nichtwiderrufbarkeit mir der Regelung des §nbsp113 Abs. 1 BGB i. V. m. § 145 Abs.1 BGB. Hiernach wird, wie bereits zuvor ausgeführt, eine Willenserklärung mit ihrem Zugang wirksam und bindet den Erklärenden, weshalb ein Widerruf der Erklärung nach § 113 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab diesem Zeitpunkt ausscheidet.

Auch der Umstand, dass der Beschluss rechtswirksam erst mit der Feststellung und Verkündigung des Beschlussergebnisses zu Stande kommt, rechtfertigt nicht die freie Widerruflichkeit der Stimmabgabe bis zu diesem Zeitpunkt.

Nach dem Bundesgerichtshof besteht auch kein praktisches Bedürfnis, hinsichtlich der Stimmabgabe in der Eigentümerversammlung, von der Regelung des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuweichen. Ließe man einen Widerruf zur Stimmabgabe bis zur Verkündung des Beschlussergebnis zu, könne die Feststellung des Ergebnisses, insbesondere bei großen Eigentümergemeinschaften, erschwert oder gar unmöglich gemacht werden. Dies etwa falls der Versammlungsleiter bereits mit der Zählung der Stimmen begonnen hat und ehe er fertig ist, einige Mitglieder, die er schon gezählt hat, ihre Stimme widerrufen würden. Es müsse daher einen Zeitpunkt geben, ab dem der Versammlungsleiter damit beginnen kann, das Beschlussergebnis verbindlich festzustellen. Dies sei entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 1 BGB der Zeitpunkt des Zuganges der jeweiligen Stimme beim Versammlungsleiter. Mit diesem Zugang konnten die beiden Stimmabgaben nicht wirksam widerrufen werden und hätten in ihrer ursprünglichen Fassung bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses Eingang finden müssen.

Sollten Sie Fragen zum Wohnungseigentumsrecht haben, können Sie sich jederzeit gern an Herrn Rechtsanwalt Vogel wenden.